Laudatio anlässlich der Buchvorstellung

Gehalten von Herrn Hofrat Dr. Felix Tobler, der langjährig als Referatsleiter des Burgenländischen Landesarchivs in Eisenstadt tätig war und u. a. über einen unerschöpflichen Wissensschatz über die Geschichte des Burgenlandes verfügt.

„Im Verlauf des Frühsommers des Jahres 2006 klopfte es an der Tür meines Dienstzimmers am Burgenländischen Landesarchiv in Eisenstadt. Ein Mann und eine Frau traten in mein Zimmer und stellten sich als das Ehepaar Hermann und Renate Klezath aus Bremen vor. Sie gaben mir ihr Interesse an der Ortsgeschichte von Kittsee bekannt und ersuchten mich sodann um Bekanntgabe von einschlägigen Publikationen zum Thema und zu weiteren Forschungsmöglichkeiten in der Sache. Da ich zunächst annahm, dass sich das Ehepaar Klezath bloß auf schnelle Weise über die wichtigsten Fakten und Faktoren zur Geschichte von Kittsee informieren und die dazu wichtigste Literatur einsehen bzw. entlehnen und zu Hause näher studieren wollte, gab ich ihnen die meiner Meinung nach relevante Literatur zum Thema ihres Interesses bekannt, die als Einführung und ersten Überblick dienen konnte. Des weiteren verwies ich sie für weitere Recherchen auf die vorhandenen bibliographischen Hilfsmittel zum Thema.

Obwohl es einige Beiträge zum Thema – als wichtigsten möchte ich den Ortsartikel über Kittsee im ersten Band der Allgemeinen Landestopographie des Burgenlandes, der den Bezirk Neusiedl am See behandelt – war die Ausbeute insgesamt gering und außerdem forschungsmäßig als veraltet und überholt zu bezeichnen. Als Hauptgründe dafür waren einerseits die Tatsachen maßgeblich, dass sich das Landesarchiv nach dem zweiten Weltkrieg institutionell und personell und von den finanziellen Möglichkeiten her noch in einer Konsolidierungsphase befand. Andererseits erwies sich die damals schwierige Quellenlage zum Thema als hemmender Faktor. Befand sich doch ein Großteil des einschlägigen Quellenmaterials in ausländischen, hauptsächlich ungarischen Archiven. Nach der kommunistischen Machtübernahme und der Errichtung des Eisernen Vorhanges waren diese nur schwer zugänglich und konnten somit für den ersten Band der Landestopographie, der 1954 erschien, nur in geringem Ausmaße herangezogen werden. Aus diesem Grunde bemühte sich das Landesarchiv in den sechziger und siebziger Jahren einzelne Aspekte der Landesgeschichte durch die Bearbeitung von landesgeschichtlichen Themen, so vor allem die Geschichte von ehemaligen Grundherrschaften, welche bis zum Ende der feudalen Periode im Jahre 1848 das die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den einzelnen Orten maßgeblich beeinflussten, durch die Bearbeitung in Dissertationen auf eine solide Grundlage zu stellen. So kam es, um nur einige Beispiele zu nennen, zur Bearbeitung der Herrschaften Bernstein, Landsee-Lackenbach, Kobersdorf, Forchtenstein und Hornstein. Zur Bearbeitung der Herrschaft Kittsee im Rahmen einer Dissertation kam es aus Gründen, auf die ich hier nicht näher eingehen kann, leider nicht. In weiterer Folge versuchte das Landesarchiv seit den sechziger Jahren im Rahmen von Zentenarfeiern, also Jubiläumsveranstaltungen, Orte aus Anlass ihrer ersten urkundlichen Erwähnung dazu zu bewegen, im Rahmen von Festschriften die Bearbeitung ihrer Ortsgeschichte in Angriff zu nehmen. Dies ist auch in zahlreichen Fällen geschehen und wird auch noch gegenwärtig wahrgenommen. Somit verfügen nunmehr fast alle Orte des Bezirkes Neusiedl über eine Ortsmonographie, in der die Geschichte mehr oder weniger detailliert dargestellt ist. Im benachbarten Gattendorf etablierte sich auf Initiative des Gemeindearztes Dr. Klaus Derks sogar ein eigener Geschichtsverein, der die Geschichte des Ortes umfassend bearbeitet und in zehn Bänden herausgegeben hat.

Da ich nach den ersten Gesprächen mit dem Ehepaar Klezath den Eindruck gewonnen hatte, dass sie sich mit der vorhandenen Literatur zu Kittsee nicht begnügen wollten, sondern auch bisher unbearbeitetes Quellenmaterial über Kittsee, hauptsächlich Urkunden und Akten einsehen und bearbeiten wollten, gab ich ihnen dazu die weiteren Forschungsmöglichkeiten und das nunmehr zur Verfügung stehende Quellenmaterial bekannt. Ich muss zugeben, dass ich am Anfang etwas skeptisch war und angenommen habe, dass sich nach dem Auftauchen der damit verbundenen Schwierigkeiten – der große Umfang des vorhandenen Quellenmaterials, Leseschwierigkeiten bei den Urkunden und Akten, Sprachschwierigkeiten – war doch ein nicht unbedeutender Teil des Materials in lateinischer oder ungarischer Sprache gehalten und außerdem das fehlen näherer Kenntnisse der ungarischen Geschichte seien hier genannt – das Interesse von Herrn und Frau Klezath an der weiteren Bearbeitung und Erforschung der Kittseer Geschichte bald legen würde. Doch ich hatte mich gründlich geirrt: Je länger sich das Ehepaar Klezath mit den vorgelegten Urkunden und Akten zu Kittsee – sei es in gedruckter Form oder anhand von im Landesarchiv vorhandenen Originalbeständen, oder mikroverfilmten Materialien – beschäftigte, desto größer schien mir das Interesse und der Fleiß zu werden, mit dem beide an die Sache herangingen. Auch in den Jahren nach 2006 meldete sich das Ehepaar Klezath bei mir immer wieder und setzte seine Arbeit an der Erforschung der Ortsgeschichte von Kittsee trotz aller Schwierigkeiten unverdrossen fort.
Da ihnen in der Zwischenzeit klar geworden war, dass die Ortsgeschichte von Kittsee nur in etwas erweitertem Rahmen, nämlich dem der gleichnamigen Herrschaft, zu der neben Kittsee als Herrschaftsvorort mit einer eigenständigen jüdischen Gemeinde auch die Orte Pama, Edelstal und Kroatisch Jahrndorf (heute Jarovce, Slowakei) gehörten, umfassend zu behandeln war, wurde die weitere Forschungstätigkeit auf diese ausgedehnt bzw. erweitert.
Hermann Klezath ließ sich auch durch das frühzeitige Ableben seiner Gattin [2009] nicht davon abhalten, die Forschungstätigkeiten zur Herrschaft und dem Markt Kittsee in den folgenden Jahren fortzuführen und hauptsächlich am Batthyánischen Familien- und Herrschaftsarchiv Kittsee im Burgenländischen Landesarchiv und im Esterházyschen Privatarchiv auf Burg Forchtenstein mit dem dort sehr umfangreich vorhandenen Quellenmaterial abzuschließen. In mehreren ein- bis zweiwöchigen Forschungsaufenthalten im Burgenland konnte er den Großteil der in diesen Archiven vorhandenen einschlägigen Quellen einsehen und auswerten.

Nach Abschluss seiner Archivrecherchen machte sich Hermann Klezath an die Arbeit, die anhand der Recherchen gewonnenen Einsichten zu sammeln, zu ordnen und für die Publikation in gedruckter Form vorzubereiten. Er hatte sich in der Zwischenzeit gründlich in die Literatur zur ungarischen und burgenländischen Geschichte eingelesen und damit die Fähigkeit erworben, viele Gegebenheiten, welche in Fallbeispielen bei Einzelakten vorkommen, entsprechend dem allgemeinen Geschichtsverlauf einzuordnen und zu bewerten.

Als sozusagen Wegbegleiter des vorliegenden Werkes, das ich in freundschaftlicher Verbindung zum Autor von seinen Anfängen bis zum Abschluss mit verfolgen durfte, erfüllt es mich mit besonderer Freude, dass sein und das Vorhaben seiner Frau nunmehr zu einem gelungenen Abschluss gekommen ist und damit nicht nur die Gemeinde Kittsee, sondern auch der nördlichste Teil unseres Landes eine umfassende historisch-landeskundliche Darstellung gefunden hat.

Hermann Klezath und seiner Frau Renate gebührt unser Dank für den langjährigen Einsatz, Fleiß und das Durchhaltevermögen bei der Verwirklichung ihres Vorhabens, mit dem sie sich Respekt und Anerkennung erworben haben. Ein Sprichwort sagt: „Gut Ding braucht Weile.“
Dies kann auch für das nun vorliegende Werk gelten, das wohl für lange Zeit ein grundlegendes historisches Nachschlagewerk für Kittsee und seine nähere Umgebung bleiben wird. In diesem Sinne wünsche ich dem Werk eine wohlwollende Aufnahme bei seinen Abnehmern, eine angenehm-lehrreiche Lektüre und viele neue Einsichten zur Ortsgeschichte von Kittsee und seiner Nachbarschaft.“